📄 Fälle aus der Praxis – Beispiele, in denen sich viele Frauen wiederfinden
🧡 Fall 1: Anna, 35 – „Ich liebe meinen Partner, aber ich habe keine Lust mehr.“
Situation:
Anna lebt in einer stabilen, liebevollen Beziehung. Emotional fühlt sie sich getragen.
Aber seit einiger Zeit spürt sie immer weniger sexuelles Begehren.
Sie beginnt, an sich zu zweifeln: „Wenn ich ihn wirklich lieben würde, müsste ich doch Lust empfinden?“
Hintergrund:
Anna leidet unter chronischem Stress im Beruf, kombiniert mit innerem Druck, beim Sex „funktionieren“ zu müssen.
Ihr Nervensystem befindet sich im Überlebensmodus – Lust wird sekundär.
Sie glaubte lange an den Mythos, dass Liebe automatisch Lust garantieren müsse.
Wendepunkt:
Durch Übungen wie das Erregungsscanning und die Mikrodosen von Vergnügen lernt Anna, wieder kleine Empfindungen und Bedürfnisse in sich wahrzunehmen.
Sie erkennt: ihre Lust ist nicht verschwunden – sie war nur überlagert.
🧡 Fall 2: Julia, 42 – „Ich will Kontrolle behalten – und verliere dabei meine Lust.“
Situation:
Julia ist erfolgreich, organisiert, stark – privat und beruflich.
Doch gerade in der Sexualität spürt sie oft Distanz zu sich selbst. Körperliche Nähe fällt ihr schwer, sich „fallenlassen“ fast unmöglich.
Hintergrund:
Julia hat gelernt, Kontrolle als Sicherheit zu erleben. Loslassen fühlt sich bedrohlich an.
Innerlich glaubt sie, Lust müsse spontan und hemmungslos sein – ein Widerspruch zu ihrem Bedürfnis nach Kontrolle.
Wendepunkt:
In der Übung Wechselnde Kontrolle erlebt Julia zum ersten Mal: Führung bewusst abzugeben oder zu übernehmen kann lustvoll, nicht bedrohlich sein.
Statt Kontrollverlust erlebt sie bewusste Hingabe – und damit eine neue Form von Freiheit.
🧡 Fall 3: Selin, 29 – „Ich spüre Lust – aber nicht auf den klassischen Weg.“
Situation:
Selin empfindet starke körperliche Lust – aber klassische sexuelle Abläufe (Vorspiel, Penetration, Orgasmus) lassen sie oft kalt.
Sie fragt sich: „Bin ich falsch? Warum passt mein Begehren nicht in das, was alle erwarten?“
Hintergrund:
Selin entspricht nicht der gesellschaftlichen Norm von linearem Lustverlauf. Ihre Erregung ist zyklisch, kreativ, verspielt – und braucht mehr Freiraum.
Sie leidet unter dem Mythos, dass Lust immer in Sex münden müsse.
Wendepunkt:
Durch die Übung Sexualfantasie-Ampel lernt sie, ihre eigenen Vorlieben und Sehnsüchte zu erkennen – ohne sich zu bewerten.
Selin entdeckt, dass Lust viele Formen hat und dass ihre Art genauso gültig und kraftvoll ist.
🧡 Fall 4: Miriam, 48 – „Mein Körper fühlt sich fremd an.“
Situation:
Nach einer längeren Krankheitsphase und hormonellen Veränderungen fühlt Miriam sich von ihrem eigenen Körper entfremdet.
Selbstberührung oder Sexualität scheinen ihr weit entfernt, fast wie aus einem anderen Leben.
Hintergrund:
Miriam kämpft mit dem gesellschaftlichen Bild, dass Lust „jung, schön und makellos“ sein müsse.
Ihr Körperbild ist belastet, ihr Zugang zu körperlicher Präsenz eingeschränkt.
Wendepunkt:
Mit der Übung Sensate Focus (achtsame Berührung) beginnt Miriam, ihren Körper wieder als lebendiges, wertvolles Zuhause zu erleben – ohne Leistungsdruck.
Zärtlichkeit wird ihr neues Fundament – nicht Perfektion.
🧡 Fall 5: Karla, 37 – „Ich habe Angst vor meiner eigenen Lust.“
Situation:
Karla spürt in bestimmten Momenten intensive Lust – aber genauso schnell kommen Scham, Angst oder das Bedürfnis, sich innerlich zurückzuziehen.
Sie fragt sich: „Warum macht mir mein eigenes Begehren Angst?“
Hintergrund:
Karla trägt alte Glaubenssätze aus ihrer Erziehung in sich: Lust ist gefährlich, unkontrollierbar, „schmutzig“.
Obwohl sie intellektuell weiß, dass das nicht stimmt, reagiert ihr Körper reflexartig mit Blockaden.
Wendepunkt:
Durch die Übung „Ich will – und ich fürchte mich“ lernt Karla, ihre Wünsche und Ängste nebeneinander stehen zu lassen.
Sie erkennt: Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben – sondern trotz der Angst neugierig zu bleiben.
📚 Zusammenfassung:
Diese Fallgeschichten zeigen, dass es keinen „richtigen“ Weg zur Lust gibt.
Jede Frau bringt ihre eigene Geschichte, ihre Bedürfnisse und ihr Tempo mit.
Und genau dort beginnt die wahre Arbeit: nicht im Erzwingen von Lust – sondern im Erlauben von Nähe, Wahrnehmung und Selbstrespekt.