Fälle aus meiner Praxis:
1. Anna, 39 Jahre – „Ich funktioniere, aber ich fühle mich nicht“
Ausgangslage:
Anna ist Mutter von zwei Kindern, beruflich sehr engagiert, zuverlässig, leistungsorientiert. Körperpflege, Bewegung, Ernährung – alles läuft „gut“.
Doch sie hat das Gefühl, innerlich abgestumpft zu sein. Sinnlichkeit? Kaum. Selbstberührung fühlt sich fremd an.
Konflikt:
„Ich weiß, wie ich wirken soll – aber ich spüre mich kaum. Ich mache alles richtig, aber nichts davon fühlt sich lebendig an.“
Weg über die Praxis:
Anna beginnt mit der Oberkörperschaukel – am Anfang eher skeptisch, dann mit wachsender Erleichterung. Der Moment, in dem sie zum ersten Mal bei der „Guten Nacht, meine Vulva“-Übung weint, ist für sie ein Wendepunkt.
Veränderung:
Sie berichtet, dass sie „endlich wieder etwas fühlen kann“. Nicht immer schön – aber ehrlich. Und: Sie beginnt, ihre Bedürfnisse wieder zu formulieren. Auch in Partnerschaft und Sexualität.
2. Leyla, 27 Jahre – „Ich glaube, mein Körper gehört nicht mir“
Ausgangslage:
Leyla hat in ihrer Jugend viele widersprüchliche Botschaften zu Körper, Lust und Kontrolle erlebt. Sie hat Sex – aber selten in Verbindung mit sich selbst.
Sexspielzeug? Nur in Beziehung, „für den anderen“.
Konflikt:
„Ich habe meinen Körper an Erwartungen angepasst – aber nie gefragt, was ich will. Es fühlt sich an, als wäre ich Zuschauerin.“
Weg über die Praxis:
Leyla traut sich nach längerer Reflexion zur Übung „Bewusst ein Toy auswählen und ausprobieren“. Sie wählt ganz bewusst ein kleines, zartes Produkt – nicht, um sich zu befriedigen, sondern um sich kennenzulernen.
Sie kombiniert das mit Body Mapping, das ihr hilft, ihren Körper bildlich als ihren eigenen zu sehen.
Veränderung:
Sie sagt: „Zum ersten Mal hatte ich eine sexuelle Erfahrung, die mir gehört.“ Sie beginnt, ihre Lust zu erforschen – nicht performativ, sondern neugierig.
Ihr Körper wird langsam ein Zuhause, kein Projekt.
3. Michaela, 52 Jahre – „Ich dachte, das ist für mich alles vorbei“
Ausgangslage:
Nach den Wechseljahren, einer langen Beziehung und körperlichen Veränderungen hat Michaela sich von ihrer Sexualität verabschiedet.
Ihr Körper fühlt sich „alt“, „nutzlos“, „nicht mehr sinnlich“ an. Selbstakzeptanz klingt für sie wie ein Luxus, den sie verpasst hat.
Konflikt:
„Ich dachte immer, solche Übungen sind für Jüngere. Ich schäme mich fast dafür, dass ich trotzdem Sehnsucht spüre.“
Weg über die Praxis:
Michaela beginnt mit der Übung „Guten Morgen, mein Körper“ – erst über den Bauch, dann über das Becken.
Die Beckenschaukel mit Atmung hilft ihr, wieder eine Beziehung zum Inneren ihres Körpers aufzubauen – nicht erotisch, sondern liebevoll.
Veränderung:
Sie beschreibt eine Rückkehr ins Leben: „Nicht sexy. Sondern anwesend. Ich bin wieder in mir.“
Ihr Bedürfnis nach zarter Berührung wird wieder spürbar – auch ohne Sexualität im klassischen Sinn.
4. Kim, 31 Jahre – „Ich liebe mich theoretisch – aber nicht körperlich“
Ausgangslage:
Kim ist reflektiert, feministisch, politisch aktiv – und gleichzeitig streng zu ihrem Körper. Obwohl sie Körperbilder kritisch sieht, hadert sie ständig mit ihrer Figur, besonders mit Bauch und Vulva.
Selbstberührung endet oft in Frustration.
Konflikt:
„Ich weiß alles über Body Positivity – aber ich spüre nichts davon.“
Weg über die Praxis:
Kim macht täglich die Übung „Kompliment am Spiegel“ – aber nicht für Äußerlichkeiten, sondern für Empfindungen.
Sie kombiniert das mit der Vulva-Visualisierung bei geschlossenen Augen – was sie zuerst peinlich findet, dann aber tief berührend.
Veränderung:
„Ich habe aufgehört, mich durch die Augen anderer zu betrachten.“
Sie beschreibt eine neue Form von Nähe zu sich selbst – leise, aber beständig. Ihr Blick auf ihren Körper wird weicher, ihr innerer Dialog liebevoller.
5. Daria, 44 Jahre – „Ich will mich wieder bewohnen“
Ausgangslage:
Daria lebt allein, hat eine erfüllende Arbeit, aber empfindet ihren Körper oft als taub, fremd, funktional. Lust ist selten. Rituale fehlen. Ihre Hände wirken „mechanisch“.
Konflikt:
„Ich funktioniere, aber ich berühre mich nicht wirklich. Da ist Leere.“
Weg über die Praxis:
Daria beginnt mit der Übung „Neue Berührungen einführen“.
Sie entdeckt, dass sie jahrelang nur eine einzige Art der Selbstberührung kannte – und wie viel Vielfalt ihr Körper eigentlich mag.
Die doppelte Schaukel mit Atmung wird ihr tägliches Ritual – als Reset zwischen Arbeit und Abend.
Veränderung:
„Ich bewohne mich wieder. Nicht immer. Aber immer öfter.“
Sie beginnt, mit sich selbst in Beziehung zu treten – und spricht zum ersten Mal über Berührung, ohne Scham, sondern mit Neugier.
Diese Frauen sind keine Heldinnen. Sie sind nicht „weiter“ oder „besonders mutig“.
Sie sind einfach Frauen, die sich eine Erlaubnis gegeben haben:
Sich selbst zu begegnen. Ohne Ziel. Ohne Urteil. Mit echtem Kontakt.